
Anlässlich der WIEN PRODUCTS Generalversammlung einmal im Jahr werden die Mitglied-surkunden an die neuen Mitglieder überreicht. Heuer übernahm Albert Alexander Maurer eine der Urkunden. Er ist in 6. Generation Unternehmer in der familieneigenen Posamentenherstellung. Posamenten? Bei dem Wort fragen sich
inzwischen Viele- was das ist- der Begriff ist heute nur unter Fachleuten bekannt. Um das Geheimnis zu lüften, verabrede ich mich mit Herrn Maurer im Betrieb, der sich seit ewigen Zeiten im siebenten Bezirk befindet.Man wanderte mit dem Betrieb innerhalb des als Textilgewerbe – Hochburg bekannten Bezirks und ist heute in der Kandlgasse 20 zu finden. Über einen Hof kommt man zum Produktionsgebäude, in dem es auf 4 Etagen rattert…
Herr Maurer erklärt mir, was ein Posamentierer alles können muss und dass es ein fast ausgestorbener Beruf ist. Im Haus wird gewebt, gestickt, geknüpft – ja sogar vergoldet – Bänder, Litzen, Boulliondraht und Flitter werden unter geschickten Händen zu Kordeln, Fangschnüren und kostbaren Uniformelementen…
Die wahrhaft repräsentative Uniform des Fernsehkaisers Robert Heinrich I ist umfangreich ausgestattete mit Produkten aus dem Haus M.Maurer und „am Opernball sind wir zahlreich präsent“ höre ich vom Firmenchef. Immer dann, wenn bei der Ballgarderobe Galauniform und Auszeichnungen verlangt werden, haben die Maurers besonders viel zu tun – aber auch Theater, Film und Museen setzen auf die Qualität und Kompetenz der Posamentierer. 50 Mitarbeiter sind – teilweise in Heimarbeit – in der Firma beschäftigt – einige schon mehr als 40 Jahre. Und man ist stolz, auch Lehrlinge auszubilden, denn „ohne Fachkräfte können wir nicht diese Qualität abliefern“ bestätigt Herr Mauerer und ist froh, derzeit 3 Auszubildende im Betrieb zu haben, die nach Abschluss ihrer Lehre hoffentlich im Betrieb bleiben und den Fortbestand des
seltenen Handwerks sichern. Früher gab es hier über 100 Posamentierer in der Gegend- heute sind wir fast die Einzigen.
Während des Gesprächs gehen wir durch die verschiedenen Abteilungen. Wir beginnen in der Weberei und ich staune über die Fingerfertigkeit, mit der man hier hunderte Kettfäden in unterschiedlichen Farben spannt, die später zu Borten und Bändern verwebt werden. In den Regalen warten Garnspulen mit Baumwolle, Kunstfaser und Seide in unterschiedlichsten Farben auf ihren Einsatz. „Wir fertigen auf Auftrag und nicht auf Lager“ erzählt mir Herr Maurer „die Kunden kommen zu uns und erwarten perfekte Qualität und präzise
Ausführung – das zeichnet uns aus und das Werk meiner Vorväter möchte ich gern weiterführen“. Er war weltweit unterwegs, hat Wirtschaft studiert und ist doch wieder im väterlichen Betrieb gelandet, es reizt ihn, das Unternehmen in die Zukunft zu führen, denn wo sonst hat man die Möglichkeit, eine Familientradition zu bewahren und andererseits auch ein seltenes Handwerk weiterzuführen?
Ich bin wirklich beeindruckt von den Menschen, die hier arbeiten und den Maschinen, die teilweise mehr als hundert Jahre auf dem Buckel haben und zuverlässig ihren Dienst tun. Derzeit ist man damit beschäftigt, alte Vorlagen und Muster zu digitalisieren. Ich sehe
Maschinen, die noch mit Lochkarten arbeiten und eine Wand voller alter Vorlagenmappen. Das gleichmäßige Rattern der Maschinen, die bunten Fäden und sich drehende Garnspulen versetzen mich in die Zeit vor über hundert Jahren….Das war die Blütezeit der Posamentierer, es gab tausende Uniformen, die auszustatten waren, aufwändige Kleider mit Borten, Knöpfen, Litzen und Verzierungen und nicht zuletzt nutzte man Kordeln und Quasten für Polster- und Lampenverzierungen.
Wir stehen inzwischen vor einer Maschine, die Bouillondraht wickelt. Hauchdünner Draht wird hier zu einer sehr engen Spirale gewickelt – es handelt sich um Silber- oder Golddraht bzw. unechtes – auch Leonisches Gold bezeichnete Metalle. Diese werden später für die Goldstickerei, Posamenten oder Klosterarbeiten verwendet.
Früher bestanden Posamente vorwiegend aus -zigfach verwobenen und geknüpften Metallfäden und zierten vornehmlich Uniformen- heute werden sie oft aus textilen Materialien gefertigt. Inzwischen sind wir in der Werkstatt bei den Damen gelandet, die aus den Schnüren kunstvolle Kordeln und Quasten knüpfen. Hier entstehen in wirklich aufwändiger Arbeit wahre Kunstwerke!
Zuletzt stehen wir im Verkaufsraum im ersten Stock vor den raumhohen Holzkästen mit hunderten Schüben und ich fühle mich wie im Paradies- jede Schublade birgt ein anderes Geheimnis – hier lagern Fangschnüre für Säbel (!), ich betrachte ein
Cingulinum, das Priester für ihren Habit benutzen, lasse Instrumentenschnüre durch meine Finger gleiten und bin hingerissen von prächtigen Epauletten mit Goldfransen. Herr Maurer zeigt mir alte Musterbücher, in denen sorgfältig jedes Produkt beschrieben wird…. Eine echte Geschichte der Posamentenherstellung in Wien.
Unglaublich – und ja – bis heute braucht man diese Produktvielfalt. „Die Feuerwehr ist ein wichtiger Kunde – Restauratoren, das Bundesdenkmalamt und Kostümbildner sind froh, dass es uns gibt“ bestätigt Herr Maurer kurz bevor ich mich verabschiede.
Ich trete auf die Kandlgasse und begegne Kunden, die eilig den Durchgang zum Geschäftstrakt beschreiten und bin sicher – die Qualität der Posametierer von M.Maurer ist einen Spaziergang in die Kandlgasse wert.