
Edle Steine und die Pestsäule am Graben – zu Besuch beim Juwelier Heldwein
Der Graben in der Wiener Innenstadt ist ein Boulevard mit prächtigen Auslagen und geschichtsträchtiger Architektur. Mittendrin befindet sich die Pestsäule – ein barockes Kunstwerk, das Leopold I nach der letzten Pestepidemie im späten 17. Jh. errichten ließ. Diese Dreifaltigkeitssäule spielt eine besondere Rolle in der Geschichte und Gegenwart vom Juwelier Heldwein – einem Familienunternehmen, dessen Geschäftsräume sich in unmittelbarer Nähe befinden.
Ich bin verabredet mit dem Chef des Hauses, Anton Heldwein, der meine neugierigen Fragen beantwortet und darf einen Blick ins hauseigene Atelier werfen, in dem besondere Schmuckstücke entstehen.
Seit 1902 gibt es das bereits in vierter Generation bestehende Unternehmen erfahre ich – damals gründete auch ein Anton Heldwein zusammen mit seiner Frau Lotte ein Atelier zur Schmuckerzeugung in der Milchgasse bei der Peterskirche. Die Preziosen fanden nicht nur Anklang bei den Bürgern Wiens, sondern auch beim Kaiser, so dass man recht schnell mit dem Titel K. & K. Hoflieferant ausgezeichnet wurde. Die Geschäfte liefen gut – Anfang der Vierzigerjahre war man vor allem mit Umarbeitungen von Schmuckstücken beschäftigt und irgendwann waren die Räumlichkeiten zu klein. So zog man 1943/44 an den jetzigen Standort am Graben 13.
Seit 1902 gibt es den Juwelier Heldwein in Wien – mich interessiert, ob sich in über einem Jahrhundert grundsätzlich etwas am Handwerk geändert hat.
Am Handwerk selbst hat sich nur wenig geändert – lediglich beim Werkzeug gibt es Veränderung erklärt mir Herr Heldwein – Bohrer, Laser- und Schweißgeräte werden heute mit Strom betrieben. Das ist wahrscheinlich auch sicherer…denke ich mir. Wobei – Laser- und Schweißgeräte ungewöhnlich klingen für die Herstellung von filigranen Schmuckstücken.
Spricht man von einem Juweliergeschäft, denkt man ja zuerst an den klassischen Beruf des Goldschmieds. Ich möchte nun wissen, welche weiteren Berufe oder Spezialkenntnisse beim Juwelier Heldwein konkret gefragt sind.
Herr Heldwein lächelt und erklärt mir, dass Spezialisten mit einer Ausbildung als Gemmologe, Uhrmacher, Graveur, Silberschmied und Edelsteinfasser im Unternehmen beschäftigt sind.
Wow, das klingt spannend – über welche Fachausbildung verfügt der Chef selbst? Anton Heldwein punktet mit seiner doppelten Expertise als Goldschmiedemeister und Gemmologe (Edelsteinexperte) bei der Beratung der Kunden und in der Auswahl der Edelsteine für die Schmuckstücke. „In einer fachlich fundierten und ehrlichen Beratung sehe ich unsere Visitenkarte“ sagt er nicht ohne Stolz. Bei uns können Berufseinsteiger ihr Handwerk weiterentwickeln – wir haben heuer mit großer Freude eine junge Goldschmiedin eingestellt, die gerade ihre Gesellenprüfung abgelegt hat. Sie wird unser Team im hauseigenen Atelier verstärken.
Wir gehen gemeinsam durch das Atelier – an den Arbeitstischen wird ruhig und konzentriert gearbeitet. Das Atelier ist das Herzstück des Unternehmens. “Gab es schon außergewöhnliche Wünsche von Kunden für ein Schmuckstück?“ interessiert mich.
„Jedes Schmuckstück, das wir auf Kundenwunsch anfertigen dürfen, ist etwas Besonderes – antwortet Anton Heldwein und ergänzt „hier im Atelier wird mit viel Leidenschaft entworfen und jeder Entwurf anschließend von unseren erfahrenen Mitarbeiteren in bester Wiener Handwerkskunst umgesetzt.“
Was inspiriert den Chef des Hauses für neue Entwürfe?
„Meine Inspiration geht immer vom Edelstein aus. Entscheidend sind nicht nur Farbe, Proportion und Feuer des Steins, sondern auch eine gewisse inspirierende Präsenz – sozusagen der „Wow-Effekt“, der auch den Kunden begeistert“ erklärt mir Anton Heldwein, während wir zuschauen wie ein Schmuckstück vollendet wird. Von klassisch bis modern reichen die Entwürfe – die Verarbeitung ist immer das Entscheidende – hier entsteht echte Qualität – eine Maxime des Unternehmens.
Nach eingehender Qualitätskontrolle erfolgt die Punzierung. Der Schmuck erhält praktisch seinen Herkunftsnachweis – und dieser ist eng mit der Pestsäule verbunden.
Eine schöne Geschichte – wie ich finde.
Geschaffen wurde die Punze von Hans Heldwein kurz nachdem man mit dem Geschäft auf den Wiener Graben übersiedelt war. Die Inspiration dazu lieferte die Pestsäule – die es übrigens nur in den Ländern der Donaumonarchie gibt!
Im Sockel dieser barocken Säule jedenfalls sah Heldwein den Buchstaben H und in den himmlischen Wolken darüber ein A – die Initialen des Gründers Anton Heldwein.
In stilisierter Form fertigte er daraus den Entwurf der Meisterpunze des Hauses. Sie ist bis heute das endgültige Gütesigel des Meisters auf jedem Stück. 2008 wurde das Design der Punze überarbeitet und ist nun etwas vereinfacht. Noch immer ziert sie jedes Meisterstück, das das Atelier verlässt.
Wir verlassen das Atelier und schauen uns im Geschäft um. Hier lerne ich auch Barbara Heldwein, die Ehefrau von Anton Heldwein kennen und erfahre, dass 2008 die Räumlichkeiten komplett neugestaltet wurden und man ein breites Spektrum an Schmuck und Silberwaren namhafter Marken anbietet. Besonderer Wert wird auf die Beratung gelegt – dafür gibt es extra Raum mit besonderer Atmosphäre – Diskretion wird groß geschrieben.
Heldwein ist ein Familienbetrieb – gibt es etwas, worauf man ganz besonders stolz ist? Möchte ich abschließend wissen und bekomme eine ganz klare Antwort: „Bis heute ist jeder Heldwein ein Goldschmiedemeister.“
Ich bekomme noch einige Schmuckstücke der hauseigenen Kollektion 1902 präsentiert, die an das Gründungsjahr des Unternehmens erinnert – die Auswahl fällt schwer – es sind tatsächlich alles Meistertücke. Dann verabschiede ich mich von den Heldweins und schlendere über den Graben – vorbei an der Pestsäule. Die Qualität der Schmuckstücke ist in jedem Fall einen Spaziergang wert!