Dorotheum

Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten – im Wiener Dorotheum

Als Wiener kennt man das Dorotheum natürlich, zumindest weiß man von seiner Existenz. Um jedoch mehr über den Ort, die Geschichte und die Arbeit im Dorotheum zu erfahren, verabrede ich mich mit Frau Mag. Michaela Strebl-Pühringer – die für das Marketing zuständig ist – zu einem Gespräch.

Das Dorotheum ist ein Haus mit langer Geschichte – wie ist es, für eine solche Institution zu arbeiten möchte ich als Erstes wissen.

„Natürlich ist das besonders aufregend und spannend und man ist stolz darauf, in einem Haus mit so langer Tradition arbeiten zu dürfen.

Das Dorotheum ist ja nicht nur das älteste der großen Auktionshäuser sondern auch eines der international führenden. Gleichzeitig ist es ein sehr modernes Unternehmen mit offensivem Marketing und einem sehr guten Internetauftritt.“ berichtet Frau Strebl-Pühringer und fragt gleich darauf lachend „Ob sich der Gründer unseres Hauses, Kaiser Joseph I. hätte vorstellen können, erfolgreiche Online-Auktionen durchzuführen?“

Wahrscheinlich nicht, um 1707 gab es nicht einmal Telefon – die sozialen Medien beschränkten sich auf das von Hand geschriebene Wort aus Korrespondenzen und auf Gespräche, die Kunden und Kenner des Hauses miteinander  führten.

Apropos Kunden – mich interessiert, wer heute Kunde im Dorotheum ist und erfahre, dass hier Kunstgegenstände und Sammelobjekte aus rund 40 verschiedenen Sparten angeboten werden – entsprechend vielschichtig sind auch die Kunden: Kunstfreunde, Sammler, Museen und Institutionen, Investoren – kurz gesagt Liebhaber schöner Dinge.

Und diese kommen aus aller Welt – Österreich, Deutschland, Italien, England, Frankreich – wobei die Beneluxländer und die USA besonders stark vertreten sind, aber  auch aus Russland, China, Japan oder dem arabischen Raum nehmen Kunstliebhaber an den Auktionen teil.

Besonders gefragt sind die großen Gemälde- und Antiquitätensparten: Zeitgenössische Kunst, Moderne, 19. Jahrhundert und Alte Meister, Jugendstil, Silber, Design ebenso Juwelen und klassische Fahrzeuge.

Bei einer so großen Auswahl gibt es sicher ab und zu auch besondere Objekte – deshalb frage ich nach dem „aufregendsten“ Stück, das auf einer Auktion im Dorotheum jemals versteigert wurde.

„Das aufregendste Stück war auch unser teuerstes Stück – erzählt Mag. Strebl-Pühringer – es handelt sich um ein Gemälde des Malers Frans Francken, von dem kaum Werke auf dem Kunstmarkt sind – noch dazu mit einem sehr komplexen Thema – Eine mythologische Interpretation des Themas „Herkules am Scheideweg“ mit Elementen aus der griechischen Sage und der christlichen Tradition. Auch wenn ich heute das Bild sehe, entdecke ich immer wieder Neues darauf, man kann sich gar nicht sattsehen. Das Bild kam über unsere Berliner Beratungstage nach Wien und der Einbringer hätte sich über ein paar Hunderttausend Euro dafür sehr gefreut. In einer dramatischen Auktion ist der Preis dann immer höher geklettert, Der Zuschlag erfolgte schließlich bei mehr als 7 Millionen Euro, bis heute der höchste Preis, der in Österreich je in einer Auktion erzielt wurde.“

Wow, das klingt sehr spannend – sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Kunden gibt es offensichtlich immer wieder Überraschungen bei Schätzungen und Auktionen. Bevor ein Stück zur Auktion kommt und in den Katalog aufgenommen wird, muss es von einem Experten unter die Lupe genommen und beurteilt werden – ich bin neugierig, wie viele Spezialisten arbeiten im Dorotheum und wie wird ein Stück bewertet – was muss man dazu alles wissen?

„Das Dorotheum verfügt über rund 300 Experten aus den verschiedensten Fachbereichen in Wien und den internationalen Repräsentanzen erfahre ich – sie sind alle in ihren Fachbereichen Top-Spezialisten. Oftmals haben sie eine Ausbildung oder ein Studium als Kunsthistoriker, Goldschmied oder Möbelspezialist abgeschlossen. Viele unserer Mitarbeiter sind schon familiär mit entsprechendem Fachwissen „vorbelastet“ – also mit Antiquitäten aufgewachsen. Darüber hinaus arbeiten unsere Experten mit internationalen Museen und Institutionen zusammen und holen bei bestimmten Fragen dort Expertisen ein.“

Das Dorotheum als Gebäude ist wirklich sehenswert, viele Besucher kommen hierher, um sich besondere Stücke vor Auktionen anzusehen.

Unser Gespräch findet statt, als wegen des COVID-19 Virus Ausgangsbeschränkungen gelten und sämtliche Geschäfte und Museen etc. in Wien geschlossen sind. Deshalb interessiert mich, wie das Auktionsgeschäft in Zeiten von Corona funktioniert.

„Mussten Sie Änderungen bei den Auktionen vornehmen? Ist das Interesse in dieser Zeit gestiegen oder eher abgeflacht?“

„Das Dorotheum hat bereits sehr viel Erfahrung im Onlinebereich – berichtet Mag. Strebl-Pühringer – wir haben daher alle Auktionen auf Onlinebetrieb umgestellt und waren damit recht erfolgreich. Jetzt besuchen uns noch mehr Leute auf unserer Internetseite. Dort kann man übrigens auch virtuell durch das Dorotheum gehen.

Die großen Auktionswochen werden wir wahrscheinlich mit Live bidding abwickeln.“

„Haben Sie einen Lieblingsbereich bei den vielen besonderen Stücken?“ möchte ich von meiner Gesprächspartnerin wissen und erfahre, dass sie sich einfach für die vielen Geschichten der Objekte, die zur Auktion kommen interessiert und es keine besonderen Vorlieben gibt – in allen Sparten gäbe es immer wieder Spannendes zu erfahren.

„Gibt es eine besondere Auktion, an die Sie sich erinnern?“

„Eine besondere und außergewöhnlich Auktion war unter anderem die Versteigerung der Sammlung Wiesenthal. Die klassischen Fahrzeuge konnten wir im Kamineum der Nationalbibliothek ausstellen und dort auch die Auktion abhalten.“

Eine Frage, die ich mir schon immer gestellt habe, möchte ich noch loswerden: „Hat eigentlich jeder Auktionator seinen eigenen Hammer oder wird dieser vom Haus gestellt?“

Mag. Strebl-Pühringer lacht und klärt mich auf: „Eine Besonderheit im Dorotheum ist, dass nicht mit einem Hammer sondern mit einer Glocke zugeschlagen wird. Glocken haben wir im Haus und es sind auch ein paar historische Stücke dabei.“

Ein Rundgang durch das Dorotheum– ob virtuell oder analog – lohnt sich also auf jeden Fall!